Systematische Analyse der anatomischen Verbindungen der cranialen Gefäßabgänge des Aortenbogens mit Strukturen der oberen Thorax-apertur sowie der experimentellen Überprüfung ihrer mechanischen Abhängigkeit

Vogt R.

Hintergrund: Im osteopathischen Konzept existieren Hypothesen über Kompensationsmechanismen einer Struktur in Dysfunktion durch benachbarte Gewebe. Vorraussetzung für eine eventuelle Kraftübertragung wären anatomische Verbindungen zwischen den verschiedenen Strukturen.

Studienziel: Erstellung einer Übersicht der Literatur zur topographischen Anatomie der Verbindungen zwischen den kranialen Abgängen des Aortenbogens und erster Rippe, Clavicula und Halswirbelsäule. Suche nach hinweisender Literatur und Studien zur Biofluiddynamik von elastischen Arterien. (Teil I) Im experimentellen Teil soll der Frage nachgegangen werden, ob eine sichtbare und fühlbare Kraftübertragung zwischen den kranialen Abgängen des Aortenbogens und den benachbarten Strukturen stattfindet und ob diese mittels Digital-Kraftmesser messbar ist. (Teil II)

Studiendesign: Literaturstudie (Teil I) und Grundlagenstudie (Teil II)

Material/Methoden: Teil I: Literaturrecherche in den medizinischen Datenbanken Medline/Old Medline sowie Suche in Sekundärliteratur im Bereich antiquarischer und zeitgenössischer anatomischer und osteopathischer Literatur; zusätzliche Fachliteratur über die Biophysik von Blutgefäßen. Teil II: Durchführung des Zugversuchs am anatomischen Institut der Universität Erlangen an zwei Frischleichen und 13 Präparaten. Messung der Kraftübertragung bei kaudalwärts gerichtetem Zug am Perikard auf die erste Rippe und Clavicula beidseits mit einem digitalen Federkraftmesser. Darstellung der Anheftungen der elastischen Arterien und des Aortenbogens, Untersuchung ihrer Verbindungen.

Ergebnisse: Es wurden 17 anatomische Beschreibungen der Anheftungen der kranialen Abgänge des Aortenbogens vorgefunden. Einheitliche Angaben gab es zu Verbindungen der Aa. carotis communis und vertebralis mit der HWS und dem Schultergürtel. Die Beschreibungen differierten hinsichtlich der Kontinuität der perivaskulären Bindegewebsstrukturen, der Verbindungen der Gefäßwand und der A. subclavia. Biofluiddynamische Studien ergaben keine einheitlichen Ergebnisse bezüglich der Frage, ob der Aortenbogen bei der Atembewegung fixiert oder mobil ist. Die anatomischen Untersuchungen, insbesondere bei den Frischleichen zeigten recht straffe bindegewebige Verbindungen. Eine Übertragung der Zugkräfte war sowohl sichtbar, als auch palpatorisch wahrnehmbar sowie messbar.

Fazit (conclusions): Die Studie hat gezeigt, dass Verbindungen zwischen den kranialen Aortenbogenarterien und Strukturen des Schultergürtels in der Literatur beschrieben werden und sich am Präparat darstellen und dass eine Kraftübertragung experimentell möglich ist. Damit ist allerdings die Frage nach den tatsächlich übertragenen Kräften in vivo nicht geklärt. Innerhalb des osteopathischen Konzepts bleibt es somit eine Hypothese, dass eine Kompensation einer Struktur in Dysfunktion über benachbarte Gewebe stattfindet.